19 April 2025
Spannendes Finale mit bitterem Beigeschmack: Lost Records – Bloom & Rage

Spannendes Finale mit bitterem Beigeschmack: Lost Records – Bloom & Rage

Mit dem ersten Teil von Lost Records: Bloom & Rage hat Entwickler Don’t Nod die Spieler:innen mit einem gewaltigen Cliffhanger zurückgelassen. Der Auftakt dieser emotionalen Erzählung entfaltete sich langsam, stellte behutsam die vier Hauptfiguren als Teenager in den 1990er-Jahren vor und schuf so eine spürbare Bindung zwischen Spieler und Charakteren. Immer wieder durchzogen düstere Rückblenden aus der Gegenwart die Handlung, in der sich die Freundesgruppe nach 27 Jahren erneut trifft, um ein traumatisches Ereignis zu verarbeiten.

Der Höhepunkt der damaligen Ereignisse kam mit einem explosiven Punk-Auftritt, der das neu gewonnene Selbstbewusstsein der Freund:innen und ihre Frustration über das Teenagerdasein verdeutlichte – bis schließlich alles auseinanderbrach. Kat, die wohl stärkste Persönlichkeit der Gruppe, leidet unheilbar an Krebs. Die vermeintlichen Antagonisten Dylan und Corey überraschen, indem sie über Kats Zustand bereits Bescheid wissen und ihr zur Seite stehen. Damit erhalten ihre Figuren eine unerwartete Tiefe. Und dann ist da noch der geheimnisvolle Ort „The Abyss“, ein magisch-realistischer Abgrund im Wald, der erneut zu leuchten beginnt und andeutet, dass seine Rolle noch nicht ausgespielt ist – besteht noch Hoffnung für Kat? In der Gegenwart konfrontieren Swann und ihre Freund:innen ein geheimnisvolles Päckchen, das fast 30 Jahre später an die Gruppe adressiert auftaucht.

Bloom & Rage – Tape 2 hat in seiner relativ kurzen Spielzeit (etwa fünf Stunden) einiges aufzuarbeiten. Es zieht das Tempo deutlich an im Vergleich zum ersten Teil und führt die Geschichte konsequent bis zu einem erneuten Höhepunkt – nur um mit einem noch frustrierenderen Cliffhanger zu enden.

Gleich zu Beginn liefert Tape 2 Antworten auf einige offene Fragen. In der Gegenwart erfahren wir, wer hinter dem rätselhaften Paket steckt, und bekommen eine klare – wenn auch schwer verdauliche – Antwort zu Kats Schicksal. Doch das Spiel schafft es, Zweifel zu säen: Ist das wirklich alles? In den 90er-Jahren hingegen haben die Folgen des katastrophalen Konzerts einen tiefen Riss durch die Freundschaft der Gruppe gezogen. Während sich die Sorge um Kat zuspitzt, bleibt die Spannung hoch – Swann versucht, den Kontakt zu den anderen aufrechtzuerhalten. Da Tape 1 so viel Zeit in den Beziehungsaufbau investiert hat, entsteht nun eine Dringlichkeit, das einstige Band der Freundschaft zu retten – bevor der Sommer endet und der endgültige Bruch droht.

Tape 2 fühlt sich weniger wie eine neue Episode an und eher wie ein abschließender Akt – im Gegensatz zu den klassisch aufgebauten Episoden von Life is Strange. Das ist per se nicht schlecht, denn so kommt man schneller zur Auflösung der Geschichte. Doch es verleiht dem Abschluss eine spürbar andere Atmosphäre. Die lockeren Nachmittage nach der Schule, die gemeinsamen Jam-Sessions in der Garage, die Tagträume vom Ruhm mit der eigenen Band – all das fehlt hier. Auch das kreative Camcorder-Gameplay, das Tape 1 so besonders machte, tritt in den Hintergrund.

Stattdessen dominieren lange Dialogsequenzen und actionreichere Szenen. Die Rätsel- und Erkundungselemente des ersten Teils sind deutlich reduziert. Die Handlung schlägt einen ernsteren, düsteren Ton an – denn die Gruppe muss sich mit Kats Krankheit und ihren Konsequenzen auseinandersetzen. Eine willkommene Ausnahme bildet ein unterhaltsames Mini-Spiel rund ums Packen, das an eine umgekehrte Version von Unpacking oder ein 3D-Tetris erinnert und für einen Moment Leichtigkeit ins Spiel bringt.

Lost Records: Bloom & Rage (Tape 2) bietet ein intensives, emotionales Finale, das viele Fäden zusammenführt – aber nicht ohne offene Fragen zurücklässt. Wer gehofft hatte, hier endgültige Antworten zu erhalten, muss sich wohl erneut gedulden.